Die Myelopathie beim Hund bezeichnet eine Erkrankung des Rückenmarkes. Der US-amerikanische Tiermediziner und Forscher Joe P. Morgan hat diese erstmals Ende der 1960er-Jahre in der Tiermedizin systematisch beschrieben. Zahlreiche Autoren widmeten sich in den Folgejahrzehnten der wissenschaftlichen Charakteristik rassespezifischer Erscheinungsformen. Daraus wird bereits ersichtlich, dass es kein einheitliches Krankheitsbild von Rückenmarkerkrankungen beim Hund in der tiermedizinischen Literatur gibt.
Krankheitsverlauf der Myelopathie beim Hund
Um dennoch eine grobe Orientierungshilfe zu geben, lässt sich zusammenfassen, dass alle beschriebenen Varianten der Myelopathien beim Hund degenerativ verlaufen. Das bedeutet, dass die durch die Krankheit verursachte Schädigung des Rückenmarks beim Hund unbehebbar fortschreitet. Dies führt zwangsläufig zu einer vollständigen Lähmung der Gliedmaßen. So ist leider auch die wenig erfolgversprechende Prognose sämtlicher unter den Begriff der Myelopathien fallenden Krankheitsbilder ein gemeinsamer Nenner. Weder gibt es Heilung noch können therapeutische Ansätze die fortschreitende Lähmung auch nur aufhalten. Der enorme Verlust an Lebensqualität für einen ohne Aussicht auf Heilung querschnittgelähmten Hund lässt eine Euthanasie als echten Gnadenakt erscheinen. Dies gilt umso mehr, da im Endstadium die Lähmung der Atemwege einen Erstickungstod bewirkt. Er ist für das Tier langsam und qualvoll.
Degenerative Myelopathie beim Hund
Den höchsten Bekanntheitsgrad erlangte die degenerative Myelopathie beim Hund in ihrer rassespezifischen Ausprägung beim Deutschen Schäferhund. Bei großen Hunderassen treten degenerative Myelopathien allerdings relativ häufig als Alterserscheinung auf. In dieser Form nimmt die Krankheit einen vergleichsweise langsamen Verlauf. Die Symptome sind für das betroffene Tier nicht schmerzhaft, doch sind sämtliche Therapieprognosen in Summe nicht erfolgversprechend. Der besorgte Hundehalter kann allerdings mittels Physiotherapie und regelmäßigen Bewegungseinheiten dem fortschreitenden Muskelschwund bei seinem Hund entgegenwirken. Zudem kann Hundeschwimmen hilfreich sein.
Im Gegensatz zu vergleichsweise häufig auftretenden Altersmyelopathien großer Hunderassen sind die rassespezifisch auftretenden Varianten dieser Erkrankung eher selten. Den Erkrankungen der zweitgenannten Gruppe ist gemeinsam, dass sie zumeist schon beim Welpen oder Junghund auftreten. Eine erbliche Komponente ist damit sehr naheliegend. Denn in der tiermedizinischen Forschung aktiven Diagnostiklabors ist bereits die Entwicklung von einschlägigen Gentests gelungen. Dies gilt für manche Formen der rassebedingten Myelopathie beim Hund. Verantwortungsvolle Züchter testen ihre Zuchttiere vor ihrem ersten Zuchteinsatz. Sie dämmen derart das Erkrankungsrisiko ihrer Nachzucht auf ein Minimum ein. Reinerbig frei DNA-getestete Hunde, die also nicht einmal Träger eines Defektgens sind, können nicht erkranken. Die Identifikation solcher Zuchtlinien sollte daher auch oberstes Gebot jeder Zuchtphilosophie sein.
Eine spätere Erkrankung von Trägern eines Defektgens ist auch durch den Gentest nie ganz auszuschließen. Ein gewisses Restrisiko bleibt bestehen. Denn nicht alle erkrankten Tiere wiesen einer klinischen Studie zufolge die als Erkrankungsursache identifizierte Genmutation auf. Zumindest in einigen Fällen ist daher von einem Erkrankungskomplex auszugehen. Der jedoch mit einem einfachen Gentest ohnehin nicht identifiziert werden könnte. Veterinärmedizinische Diagnostik-Labors bieten gegenwärtig einen Gentest zur Feststellung des Erkrankungsrisikos eventueller Nachzucht an degenerativer Myelopathie für alle Hunderassen an.
Rassespezifischen Myelopathien beim Hund
Zu den rassespezifischen Myelopathien beim Hund zählt die sogenannte Afghanenhund Myelopathie. Ein US-amerikanisches Forscherteam hat diese Junghundeerkrankung beim Afghanischen Windhund erstmals 1973 beschrieben. Auffallend ist, dass sich zu der Symptomatik einer auffälligen Veränderung des Gangbildes auch rasch Atemprobleme des Tieres gesellen. Der bis dahin völlig normale Bewegungsablauf im leichten Trab verändert sich augenfällig. In das Gangbild schleicht sich erst eine deutliche Auf- und Abbewegung ein. Die sich über ein starkes Wippen hin zu einem leichten Springen entwickelt. Die englischsprachige Fachliteratur bezeichnet dieses für Windhunde sehr ungewöhnliche Gangbild „bunny-hop“, da es an das Hoppeln eines Hasen erinnert.
Die Symptomatik setzt akut ohne Vorankündigung ein und nimmt einen rasanten Verlauf. Standard-Diagnoseverfahren wie die Veranlassung eines ausführlichen Blutbildes, einer Ultraschall- oder Röntgenuntersuchung bleiben ebenso unauffällig wie eine Analyse der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit. Die Diagnose erfolgt beim Afghanischen Windhund aufgrund der deutlichen Symptomatik und dem Wissen um die Anfälligkeit der Rasse. Eine histologische Analyse des Rückenmarksgewebes dient oft nur der Beseitigung letzter Zweifel. Die langen, randständigen Rückenmarkbahnen sind beim Afghanen immer stärker betroffen als die kurzen, zentral liegenden Bahnen.
Symptome der Afghanenhund Myelopathie
Erste Symptome der Afghanenhund Myelopathie treten schon im Alter von frühestens drei bis spätestens dreizehn Monaten auf. Die Lähmungserscheinungen werden durch die Zerstörung der weißen Rückenmarksubstanz hervorgerufen. Bei dieser spezifischen Myelopathie beim Hund weist allerdings auch die graue Rückenmarksubstanz eine Degeneration auf. Was die Fachliteratur als „Entmarkungserscheinungen“ im Rückenmark beschreibt, meint das unaufhaltsame Absterben der dort befindlichen Nervenfasern. Lähmungen und spastische Krämpfen lösen die anfangs leichten bis mittleren Beeinträchtigungen des ungestümen Bewegungstriebes des betroffenen Windhundwelpen rasch ab. Am Ende liegt eine Querschnittlähmung vor, die alle vier Gliedmaßen vollständig betrifft. Es gibt keinerlei Therapie, die hier Gesundung in Aussicht stellen oder den Verlauf der Krankheit aufhalten könnte. Im Falle der nachgewiesenen Erkrankung ist daher beherztes Handeln gefragt. Dabei kann man das Leiden des Junghundes so kurz wie möglich halten.
Beim Afghanischen Windhund steht der Nachweis der Erblichkeit dieser rassespezifischen Rückenmarkerkrankung fest. Der Erbgang wird als “autosomal rezessiv” beschrieben. Das bedeutet, dass beide Elternteile selbst gesund sein können. Jedoch zumindest Träger des Defekt-Gens sein müssen, damit die Krankheit bei ihrer Nachzucht ausbrechen kann. Die Myelopathie beim Afghanen erkennt man bereits beim Junghund deutlich. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass ein erkranktes Tier überhaupt zur Fortpflanzung gelangt.
Was also kann ein Liebhaber des Afghanischen Windhundes tun, der einen Welpen bei sich aufnehmen möchte?
Die aktuelle Zuchtordnung des Deutschen Windhundzucht- und Rennverbandes (DWZRV) gibt für Afghanische Windhunde gegenwärtig keine die Myelopathie betreffenden Zuchtvorschriften aus. Der Interessent ist gut beraten, die zur Auswahl stehenden Züchter nach der Häufigkeit dieser Krankheit in seinen Zuchtlinien zu befragen. Aussagekräftiger ist freilich der Nachweis, ob diese bei ihren Zuchttieren freiwillig DNA-Tests auf Myelopathie beim Hund durchführen. Zwar ist dieser Test für den Nachweis eines Erkrankungsrisikos an der Afghanenhund Myelopathie nur bedingt geeignet. Dennoch ist ein leichtfertiger Verzicht darauf keine zielführende Option. Gerade im Falle der sehr unwahrscheinlichen Erkrankung eines Welpen DNA-getesteter Elterntiere kann die eigene Gewissenhaftigkeit vor späteren Selbstvorwürfen schützen. Grundsätzlich ist der verantwortungsvolle Welpenkäufer am besten damit beraten, stets die gleichen möglichst hohen Maßstäbe bei der Züchterauswahl anzulegen. Ein Züchter, dem gesunde und langlebige Nachzucht ein echtes Anliegen ist. Wird sich durch Fragen nach dem Gentest-Status seiner Zuchthunde nicht verärgert zeigen.
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